07. Mai 1997
LKW Brand, B1 nähe Umfahrung Traun

 

 

Bericht Oberösterreichische Nachrichten

 

Eine Explosion, die weithin zu hören war, erschütterte gestern gegen 21.15 Uhr das Trauner Stadtgebiet.

Etwa einen halben Kilometer von der Trauner Kreuzung entfernt war auf der Bundesstraße 1 in Fahrtrichtung Neubau ein Sattelzug - voll beladen mit Spraydosen - umgestürzt. Die brisante Ladung ging explosionsartig in Flammen auf. Binnen kürzester Zeit stand der Lastwagen meterhoch in Flammen. Der Fahrer überlebte den Zwischenfall mit Verletzungen unbestimmten Grades.

Das Landesfeuerwehrkommando löste die höchste Alarmstufe aus und schickte etwa ein Dutzend Feuerwehren zum Brandort. Unter Lebensgefahr näherten sich mit schwerem Atemschutz ausgerüstete Löschmannschaften dem brennenden Lkw. Weitere Explosionen blieben aber zum Glück aus. Die Feuerwehren aus dem gesamten Großraum Linz hatten den Brand rasch unter Kontrolle. Dutzende Schaulustige verfolgten die gefährliche Arbeit der Florianijünger. Gendarmen sorgten dafür, daß die Zivilisten nicht zu nahe herankamen und weder sich selbst in Gefahr bringen noch die Einsatzkräfte behindern konnten

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Der 34jährige Mazedonier Nijar Idrizosky, Arbeiter bei der Spezialtiefbaufirma Dywidag, war am Montag erst gegen 21 Uhr von einer Baustelle heimgekommen. Er wollte sich in seiner Unterkunft ein Abendessen herrichten. Ein explosionsartiger Knall ließ ihn zusammenfahren. Durch ein Fenster sah er einen brennenden Lastwagen nahe der Trauner Kreuzung. "Gemma helfn", rief er seinem Arbeitskollegen Luka Antolovic (43) aus Slowenien zu.

Die beiden ließen alles liegen und stehen und liefen über ein Feld zu dem umgestürzten Sattelzug. Riesige Flammen schlugen aus dem Aufleger. Explodierende Spraydosen flogen im Umkreis von etwa 100 Metern durch die Luft. Aber für die Arbeiter gab es kein Zurück mehr, als sie den ungarischen Kraftfahrer Lajos Tiborcz (59) im Führerhaus sahen.

Vergeblich versuchten sie den Verletzten durch die Beifahrertür zu befreien. Er war hinter dem Lenkrad eingeklemmt. "Mit einer Eisenstange hamma zwei-, dreimal auf d' Windschutzscheiben g'haut und sie eingschlagn", erzählte Antolovic. Mit vereinten Kräften zwängten die Retter mit der Stange das Lenkrad zur Seite, zerrten Tiborcz aus dem Wrack und brachten ihn in Sicherheit.

150 Feuerwehrmänner bekämpften den Großbrand. Da zunächst niemand wußte, was der Lastwagen geladen hatte, war der Einsatz so brisant, daß, wie exklusiv berichtet, höchste Alarmstufe ausgerufen wurde. Erst als der Sattelzug mit einem dicken Schaumteppich bedeckt war, bekamen die Einsatzkräfte Frachtpapiere in die Hand. Der Lastwagen war voll mit PVC-Rollen und Stahlblech sowie zehn Paletten leicht entzündbarer Silikondosen und Schnellreinigersprays gewesen.

Der Kraftfahrer dürfte auf der B1 Richtung Wels zu schnell unterwegs gewesen sein. Er durchstieß eine Baustellenabsperrung. Der Sattelzug geriet ins Schleudern, die Spraydosen entzündeten sich. Etwa 80 Meter weit schlitterte der brennende Lkw dahin, bevor er links von der Fahrbahn abkam und umstürzte. Weil Diesel aus dem Tank ausgeflossen war, mußte Erdreich entfernt werden.

Die mutigen Helfer fühlen sich nicht als Helden:
"Nur durch das spontane Einschreiten der beiden Arbeiter hat der Kraftfahrer überlebt", ist ein Trauner Gendarm überzeugt. Für die beiden "Helden des Abends", Nijar Idrizosky und Luka Antolovic, ging gestern der ganz normale Alltag weiter. Sie traten pünktlich ihre Arbeit auf Baustellen in Wels und Linz an, als ob nichts gewesen wäre. Idrizosky erzählte nicht einmal seinen Kollegen am Bau etwas davon. Das sei doch selbstverständlich gewesen, das hätte jeder andere auch getan. Sie beide hätten eben zufällig den Unfall gesehen, gaben sich die Retter äußerst bescheiden.

Sie fühlen sich nicht als Helden, sie hätten ziemlich Angst gehabt, gestand Idrizosky, der ein wenig besser Deutsch spricht als sein älterer Kollege. Denn zu dem riesigen Feuerball kam noch, daß eine über die Bundesstraße führende Stromleitung durchgeschmort war und auf die Fahrbahn baumelte. Die beiden Männer gingen ein paar Schritte wieder zurück - aber nur, um sich ein Herz zu fassen und die Rettungsaktion dann blitzschnell durchzuziehen. Kaum hatten sie den eingeklemmten Lenker befreit, griffen die Flammen auch schon auf das Führerhaus über.

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