01. November 1991:
Kellerbrand, Johann Roithner Strasse 5
(Fotos am Seitenende)

 

 

Am 1. November 1991 um cirka 12:45 Uhr hat ein Bewohner des Hauses Johann Roithner Strasse 5 in Traun starke Rauchentwicklung im Stiegenhaus des fünfstöckigen Wohnhauses entdeckt und sofort über Notruf 122 die Feuerwehr alarmiert.

 

Alarmierung:

 

Die Alarmierung der Freiwillgen Feuerwehr der Stadt Traun erfolgte um 12:47 Uhr über die Warnzentrale des Ladesfeuerwehrkommando. Text der Alarmierung: "Brand Wohnhaus, Johann Roithner Strasse 5!".

 

Eigene Lage:

 

Um 12:49 Uhr rückten die ersten Einsatzfahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr Traun mit TLF 2000, DLK 25+2, LFB und TLFA 3650-350 aus.

 

Allgemeine Lage:

 

Heiteres Wetter, 3°C, leichter Westwind.

 

Fremdlage:

 

Bei Eintreffen an der Einsatzstelle war schon eine starke Rauchentwicklung vom Kellergeschoss über das Dach und die offenstehenden Stiegenhausfenster zu erkennen, sodaß die Fluchtmöglichkeit über das Treppenhaus für die Bewohner nicht mehr möglich war.

 

Massnahmen:

 

Daher lautet der erste Einsatzbefehl:

"1. Bergung der eingeschlossenen Mieter an der Nordseite des Objektes mit DLK 25+2. 2. Löschangriff über Kellerstiege mit HD-Rohr und schweren Atemschutz. 3. 2. Atemschutztrupp: Kontrolle des Stiegenhauses nach etwaigen eingschlossenen Bewohnern - 3. Atemschutztrupp als Reservetrupp vorm Hauseingang!"

Es war zu diesem Zeitpunkt schon klar ersichtlich, das weitere Einsatzkräfte erforderlich sein würden.

Alarmierung weiterer Mannschaften der FF-Traun, Anforderung des Atemschutzfahrzeuges Nettingsdorf-Papierfabrik, gleichzeitig wurden der Feuerwehrarzt Dr. Fiereder sowie das Rote Kreuz Traun alarmiert.

OKA und SBL wurden ebenfalls angefordert, um ein sicheres Arbeiten während der löscharbeiten zu gewährleisten.

Die genaue Lageerkundung des ersten Atemschutztrupps ergab, das ein Kellerraum in Vollbrand stand und wegen extremer Hitzeentwicklung ein Angriff mit dem HD-Rohr nicht zielführend war, sodaß des Truppführer den Rückzug befahl. (Im nachhinein war ein Kachelofeneffekt feststellbar, da jegliche Entlüftungsmöglichkeit fehlte).

Als weitere Maßnahme forderte der Einsatzleiter einen Leichtschaumgenerator von der Betriebsfeuerwehr Nettingsdorf-Papier an, um den Keller mit Leichtschaum zu beschäumen und dadurch eine kurzfristige Unterbrechung der Rauchentwicklung zu erreichen, damit die Personenbergung abgeschlossen werden konnte.

Weitere Einsatzkräfte der FF Leonding, Hart und Hörsching wurden um 14:07 Uhr alarmiert mit der unbedingten Anforderung von Atemschutztrupps und -geräten.

Da eine Brandbekämpfung mit HD-Rohren aussichtslos war, wurden die nachfolgenden Innenangriffe über den Tiefgaragenzugang mit zwei C-Rohren mit Schweren Atem- und Hitzeschutz durchgeführt.

Mehrere Faktoren ließen jedoch vorerst keine effiziente Arbeit der Atemschutztrupps zu:

- Der Zugang zum Brandherd führte nur über einen schmalen, verwinkelten Gang.

- Aufgrund der extrem starken Rauchentwicklung und der fehlenden Entlüftungsmöglichkeit über Kellerschächte mussten drei Be- und Entlüftungsgeräte eingesetzt werden, wodurch die Gänge noch schmäler wurden.

- Die Durchgangsöffnung zum Kellerraum selbst betrug nur 95 Zentimeter und war durch zwei Lutenstränge nahezu blockiert.

- Neben der extremen Rauchentwicklung gab es auch eine imense Hitzeentwicklung, sodaß zeitweise selbst mit Hitzeschutz ein Eindringen in den brennenden Kellerraum unmöglich war.

- Die Wasserdampfbildung war eine Geißel aller Angriffstrupps (eine 12 m entfernt montierte Abdeckhaube eines Handfeuerlöschers schmolz die Wand hinunter, Isolierschalen auf den entfernten Wasserleitungsrohren schmolzen ebenfalls ab).

 

Laut Rücksprache mit den ersten Angriffstrupps wurde entschieden, daß eine vorschriftsmässige Ablöse der Angriffstrupps ausserhalb des Brandraumes aufgrund des intensiven Brandausmaßes nicht zielführend sei, sodaß die Trupps am Strahlrohr abgelöst wurden.

Der Einsatz des zweiten C - Rohres war aus Platzgründen nicht möglich.

Um 18:17 Uhr wurden von der FF Ansfelden weitere Atemschutzträger zur Ablöse angefordert.

in der Folge mussten 15 Angriffstrupps (mit zusätzlichen Reservetrupps für andere Tätigkeiten in den verrauchten Bereichen, wie Beleuchtung, Absaugung, etc.) aufgewendet werden, bis um 19:15 Uhr der Brand weitgehend lokalisiert war und nach weiteren Löscharbeiten um 20:10 Uhr "Brand aus" gegeben werden konnte.

Um einen persönlichen Eindruck von der Lage zu erhalten, fanden sich an der Brandstelle der Bezirksfeuerwehrkommandant OBR Dutzler, Bürgermeister Famler, Stadtamtsdirektor Hofrat Dr. Novak und Verantwortliche des Roten Kreuzes und der Gendarmerie.

 

Nacharbeiten:

 

Nach Lokaliesierung des Brandes konnten die helfenden Nachbarfeuerwehren vom Brandplatz abrücken.

Für die Mannschaften der FF Traun begann nach "Brand aus" eine Einteilung zur Brandwache im Ablöseverfahren bis Samstag, den 2. November 1991, 08:00 Uhr.

In dieser Zeit musste nebenbei für einen Gewerbebetrieb im Objekt eine Notstromversorgung mit 30-KVA-Generator zur Aufrechterhaltung der Kühlanlagen und anderer Maschinen aufgebaut werden.

 

Folgen für Bewohner:

 

Durch die starke Verrauchung des gesamten Wohnblocks und damit verbundene Brandrauchbelästigung wurde die Wohnungsbenutzung durch die Mieter in der Nacht vom 1. auf den 2. November vorerst untersagt.

Für die zirka 150 Bewohner wurden von Stadtamtsdirektor Hofrat Dr. Novak Notunterkünfte im Volksheim Traun und im Gasthof Roithnerhof organisiert. Am gravierendsten zeigten sich die Hitzeeinwirkung auf den "Schlecker" - Drogeriemarkt.

Dieser musste baupolizeilich gesperrt werden, da die Kellerdecke im Mittel um zirka 10 Zentimeter durchhing und abgetragen werden muss.

Die ebenfalls im Objekt situierte Gelateria Roma bekam auch einiges vom Rauch ab und dürfte ebenfalls renovierungsbedürftig sein.

 

Brandursachenermittlung:

 

Samstag, 2. November 1991, 08:00 Uhr:

Beginn der Aufräumungsarbeiten und Hilfestellung bei der Brandursachenermittlung der Brandverhütungsstelle OÖ und Kriminalabteilung der Gendarmerie durch die FF Traun.

Um 10:00 Uhr erfolgte nach Kontrolle des Gebäudes durch die Feuerwehr die Freigabe zur Wohnungsbenützung durch die Mieter, welche über Rundfunk informiert wurden.

Die Aufräumungsarbeiten und Brandursachenermittlung erfolgten Schritt für Schritt, als die Baufirma Michael Roithner die durchhängende Decke pölzte.

Erst jetzt wurde den Aufräummannschaften klar, warum ein "kleiner" Kellerbrand (36 m2 mit 20 Kellerabteilen) den Einsatz über 7 Stunden erforderte:

Brandlasten: zirka 40 Autoreifen, PVC-Fussbodenreste, lack- und Spraydosen, Kunstoffgebinde, Hausrat aus verschiedenen Stoffen, Fahrräder, Skier und Kunststoffrodeln etc.

Zirka siebzig Prozent des Rauminhaltes verbrannten, der Beton an den Wänden war zum Teil bis auf die Baustahlbewehrung abgesprungen.

Das Ergebnis der ersten Brandursachenermittlung schloss ein technisches Gebrechen aus, sodass man ableiten kann, dass offenes Licht als Brandursache anzunehmen ist.

 

Eingesetzte Feuerwehren und Geräte:

 

FF Traun:

Fahrzeuge: 1 TLF 2000, 1 TLFA 3650-350, 1 LF-B, 1 DLK 25+2, 1 SRF, 1 LKW, 1 MTF, 1 KDOF

Geräte: 2 HD Rohre, 2 C Rohre, 340 Meter H-Druckschlauch, 120 Meter C-Druckschlauch, 320 Meter B-Druckschlauch, 10 Leichte Atemschutzgeräte, 18 Schwere Atemschutzgeräte, 3 Wechselstromgeneratoren, 19 Beleuchtungssgeräte, 1 Be- und Entlüftungsgerät..

 

BTF Nettingsdorf-Papier:

Fahrzeuge: 1 TLF 2000, 1 ASF. A KDOF

Geräte: 1 Leichtschaumgenerator, 1 Be - und Entlüftungsgerät.

 

FF Hart:

Fahrzeuge: 1 TLF 2000, 1 LF, 1 KDOF

Geräte: 60 Meter B-Druckschlauch, 3 Schwere Atemschutzgeräte, 1 Wechselstromgenerator, 1 Be- und Entlüftungsgerät.

 

FF Leonding:

Fahrzeuge: 1 TLF 4000, 1 DLK 30, 1 LF, 1 KDOF

Geräte: 1 HD Rohr, 60 Meter H-Druckschlauch, 15 Meter C-Druckschlauch, 6 Schwere Atemschutzgeräte, 1 Wechselstromgenerator, 6 Beleuchtungsgeräte.

 

FF Hörsching:

Fahrzeuge: 1 RLF 2000, 1 LF, 1 KDOF

Geräte: 3 Schwere Atemschutzgeräte, 1 Wechselstromgenerator, 3 Beleuchtungsgeräte, 1 Steckleiter, 1 Be - und Entlüftungsgerät.

 

FF Ansfelden:

Fahrzeuge: 1 TLF 4000, 1 LF, 1 KDOF

Geräte: 4 Schwere Atemschutzgeräte

 

Zusammenfassung:

6 Feuerwehren mit 100 mann mit insgesamt 792 Stunden Einsatzleistung.

 

Gesamte Einsatzdauer: 1. November 1991, 12:47 Uhr bis 2. November 1991, 17:00 Uhr.

 

Gerettet wurden: das gesamte Wohnobjekt mit Ausnahme des "Schlecker" Drogeriemarktes (Sperre wegen Deckeneinsturzgefahr), sämtliche Bewohner (ca. 150 Personen und 6 Tiere).

Verletzte: 7 Zivilpersonen wurden zur Kontrolle wegen Verdacht auf Rauchgasverdichtung ins AKH Linz gebracht.

Feuerwehrmänner wurden keine verletzt.

 

Vorbeugender Brandschutz:

 

Bei diesem Feuerwehreinsatz wurde uns wiederum vor Augen geführt, dass vorbeugende Brandschutzmassnahmen nicht nur leere Phrasen sind, sondern im Ernstfall von eminenter Bedeutung sein können. So wurde das Stiegenhaus für die Bewohner unbenützbar, weil die Brandschutztüre vom Kellergang zum Stiegenhaus offenstand und die Schliessfeder anscheinend nicht funktionierte. Eine Fluchtmöglichkeit für die Bewohner besteht leider nur über Leitern bzw. Drehleitern (fünf Geschosse und darüber ein Penthaus!).

Weiters war es für die ersten an der Einsatzstelle eintreffenden Kameraden unmöglich, festzustellen, wo sich ein Gashaupthahn befindet (es stellte sich - unter Zuhilfenahme der SBL - Gott sei Dank heraus, dass kein Gas im Haus ist, sondern eine zentrale Wärmevesorgung aus dem Nachbarobjekt besteht).

Ein Brandschutzplan, wie er in der TRVB N 137 (hohe Häuser) empfohlen wird, war ebenfalls nicht vorhanden, und somit mussten sich die ersten Löschtrupps mühesam in den extrem verrauchten Stiegen und Gängen abquälen, um zum Brandherd vorzudringen.

Die Lagerung von derartigen Brandlasten in kleinsten Kellerabteilen (1 m2) aus Holzlatten ist zwar in Wohngebäuden eine allgemein eingebürgerte Unsitte, sollte jedoch aus vorbeugender Sicht bei den feuerpolizeilichen Beschauen kritiesiert werden.

Eine bauliche Sünde im zug der Brandbekämpfung war auch der Umstand, dass aus den Kellerräumen keinerlei Abführen der Hitze und des Rauches ins Freie möglich war bzw. ist.

 

Allgemeines Verhalten der Einsatzkräfte:

 

Nur dem umsichtigen und besonnenen Handeln der ersten Bergungsmannschaften ist es zu verdanken, dass bei den Bewohnern (ca. 150 Personen) keinerlei Panik ausbrach und die Bergung vorerst mit der DLK 25+2 der FF Traun auf der Nordseite und anschliessend mit der DLK 30 der FF Leonding auf der Südseite in zirka eineinhalb Stunden durchgeführt wurde.

Die permanente Anwesenheit des Feuerwehrarztes Dr. Fiereder an der Einsatzstelle erwies sich als optimal.

Eine grossartige Zusammenarbeit und Disziplin herrschten bei allen eingesetzten Kameraden, denen unser aller Dank gebührt.

Trotz der extremen Hitze- und Rauchentwicklung zeichneten sich alle Atemschutzträger als taktisch und konditionell voll trainiert aus. Manche wechselten neun mal die Flasche!

Alle Atemschutzträger taten mehr als ihre Pflicht bis zur Belastungsgrenze.

Das Atemschutzfahrzeug der BTF Nettingsdorf-Papier musste 20 Atemluftflaschen füllen.

 

Resümee:

 

Die Auswirkungen eines Kellerbrandes (Ausmass: 36 m2) mit derartigen Brandlasten und Mängeln des vorbeugenden Brandschutzes bringen Personen und Einsatzkräfte in grosse Gefahr.

Dass derartige Situationen nicht in einem Desaster enden, ist wohl letztendes den Feuerwehrleuten zu verdanken, die zuerst nicht nach dem "Warum" fragen, sondern bis zur Leistungsgrenze ihre Pflicht erfüllen.

Hier waren Kameraden bis zu 28 Stunden nonstop im Einsatz, um Personen und Güter zu retten - und der Dank ist nicht selbstverständlich - es ist unsere Pflicht zu helfen, und jeder tat es.

 

 

Presseberichte der OÖ Nachrichten:

02.11.1991: In Panik liefen gestern gegen 13 Uhr Mieter eines fünfstöckigen Trauner Wohnhauses auf die verqualmten Gänge und riefen verzweifelt um Hilfe. Die Feuerwehr rettete rund hundert Hausbewohner mit zwei Hebebühnen. 10 bis 15 von ihnen wurden mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in Krankenhäuser gebracht. Die anderen Mieter mußten in Notunterkünften untergebracht werden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Feuer im Keller des Hauses gelegt worden ist.

Gegen 12.45 Uhr stürmte der Chef eines im Wohnblock in der Roithnerstraße 5 untergebrachten Eissalons ins nahegelegene Billardcafe und schrie: "Unser Haus brennt!" Der aufgeregte Mann alarmierte telefonisch die Feuerwehr. Seine Frau und seine Kinder hatten, wie etwa 100 andere Mieter auch, keine Chance, aus dem verrauchten Gebäude ins Freie zu flüchten.

Die Miteigentümerin des Cafes, Bella Velaicsuvata (19), lief sofort hin. Auch ihr Freund Siegfried Günther (24), mit dem sie das Lokal betreibt, war in seiner Wohnung eingeschlossen. "Er war kurz vor Brandausbruch aufgestanden, wollte nichtsahnend aus dem Haus gehen. Plötzlich stand er im verqualmten Stiegenhaus. Er hörte viele Leute durcheinanderreden. Gesehen hat keiner den anderen. Schwarzer Rauch war überall. Günther wollte in die Wohnung zurück, fand erst nach einigem Herumirren die Eingangstür", erzählte die 19jährige den OÖN. Ängstlich standen alle Mieter bei den offenen Fenstern. Bei den Feuerwehrautos versammelten sich immer mehr Schaulustige. Dutzende Augenpaare verfolgten die freiwilligen Helfer, die die Mieter mit zwei Hebebühnen bargen. Fast vier Stunden vergingen, bis alle Wohnungen evakuiert waren. Siegfried Günther wurde als einer der ersten geborgen. "Es ging ihm schlecht, er war schwer geschockt", so seine Freundin.

Der Brand im Keller tobte weiter, immer wieder genährt von Kunststoffteilen und Autoreifen. Fünf Feuerwehren mit etwa 80 Mann und sechs Atemschutztrupps bekämpften die Flammen. Brandstiftung konnte nicht ausgeschlossen werden.


Alle Wohnungen sind so verraucht, daß Notunterkünfte für die Mieter gesucht werden mußten. Die geschockten Männer, Frauen und Kinder verbrachten die Nacht zum Samstag im Trauner Volksheim und in den Räumen der Rettung.

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04.11.1991: Das Feuer im Keller des fünfstöckigen Wohnhauses in der Trauner Johann-Roithner-Straße wurde gelegt. Ob der Brand durch Schlamperei, etwa durch eine achtlos weggeworfene Zigarette, oder absichtlich ausgelöst worden war, ist noch nicht klar. Die Gendarmerie hat noch keine Spur von dem Zündler, der über 100 Mieter in Panik versetzte.


Die meisten Hausbewohner verbrachten die Nacht zum Samstag nicht, wie anfangs vorgesehen, in den Notunterkünften. Verwandte und Freunde nahmen sich ihrer an. Etwa sechs Familien übernachteten auf Kosten der Gemeinde in einem nahen Gasthof. Am Wochenende durften sie wieder in ihre Wohnungen.

 

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